Fachzeitschrift 'technische kommunikation' 2/2010
Rubrik: Praxistipps FrameMaker

Störungsfrei übersetzen

Ute Mitschke

In der Technischen Kommunikation haben Texte meist einen hohen Wiederverwendungswert. Aus diesem Grund lohnt sich für viele Redaktionen die Anschaffung eines Translation-Memory-Systems. Texte aus Adobe FrameMaker werden zumeist als Maker Interchange Format, MIF, an solche Systeme übertragen. Doch nicht immer gelingt es, Texte in diesem Format korrekt zu verarbeiten.

 

Das Translation-Memory-System vergleicht jeden neu eingereichten Text mit bereits übersetzten und gespeicherten Texten. Erkennt das TMS eine Übereinstimmung von 100 Prozent, werden diese Texte nicht neu übersetzt, sondern aus dem gespeicherten Datenbestand übersetzt. MIF aus Adobe FrameMaker ist ein Textdateiformat, in dem die Informationen durch spezielle Tags gekennzeichnet werden. Diese Tags können allerdings auch bewirken, dass logisch zusammenhängende Texte im MIF-Format getrennt werden. Das wichtigste Ziel für die automatisierte Unterstützung der Übersetzung ist also, eben diese Trennung zu vermeiden.

Zeile in einem Absatz

Um zu verstehen, was zu einer Trennung der gewünschten Zusammenhänge führt, muss man erkennen, wie FrameMaker mit Text und Objekten in einer Zeile eines Absatzes umgeht.

Abb. 1: Texte in Zeilen mit Objekten

Ein Absatz wird im FrameMaker-Dokument als eine Einheit verstanden. Eine Zeile wird vom Programm am unsichtbaren Zeichen für Zeilenanfang und Zeilenende erkannt. In dieser Zeile trennen folgende Funktionen den physischen Zusammenhang der Texte:

 

  • Beginn und Ende einer Formatierung

 

  • Markenanker und Anker für Tabellen und verankerte Rahmen

 

  • Variablen und Querverweise

 

Da auf diese Funktionen nicht komplett verzichtet werden kann, ergeben sich folgende Anforderungen für deren Verwendung:

 

  • Logisch zusammenhängende Wortgruppen müssen in einem Schritt formatiert werden. Dafür wird die gewünschte Wortgruppe komplett markiert und das Format zugewiesen. Wird erst ein Teil der Wortgruppe formatiert und dann ein weiterer, so handelt es sich um eine Formatierung in mehreren Schritten. Dadurch trennen die Formatkennzeichner den Text und die eigentlich zusammengehörenden Wortgruppen werden im Translation-Memory-System nicht mehr zu 100 Prozent erkannt.

 

  • Anker für Marken, zum Beispiel Indexmarken, sowie Tabellen und verankerte Rahmen können zwar an jeder beliebigen Stelle in einem Absatz stehen, führen dort jedoch zu einer Trennung der Texte. Diese Anker sollten besser an den Anfang oder das Ende eines Satzes/Absatzes gesetzt werden, um die Trennung der Texte zu vermeiden.

 

  • Querverweise sind funktionale Elemente, die nur im Querverweisformat übersetzungsrelevanten Text enthalten. Um die Satzzusammenhänge nicht durch die Querverweise zu unterbrechen, können die Querverweise in eigene Sätze oder besonders gestaltete Hinweisabsätze integriert werden.

 

Anforderungen an den Dokumentaufbau

Auch der Textfluss selbst kann, wenn er ungünstig angelegt ist, zu einer Trennung logisch zusammenhängender Texte führen.
Der Textfluss ist das Rückgrat eines Dokuments. Im Textfluss werden Absätze und die darin verankerten Objekte wie Perlen auf einer Kette zusammengefügt. Dadurch wird die inhaltlich logische Reihenfolge der Texte in eine physische, maschinell auswertbare Reihenfolge gebracht.
Folgende Regeln helfen, diese Reihenfolge im Übersetzungsprozess nicht zu stören:

 

  • Die Seiten müssen so gestaltet werden, dass die übersetzten Texte auch kürzer oder länger laufen können und die logische Reihenfolge des Texts trotzdem erkannt wird.

 

  • Texte in separaten Textrahmen müssen nach der Übersetzung geprüft werden. Die Größe der Textrahmen muss dem übersetzten Inhalt manuell angepasst werden. Kommen anstelle von Textrahmen Tabellen mit einer Zelle zum Einsatz, kann dieser Aufwand entfallen.

 

  • Wird ein Spaltenlayout eingesetzt, in dem Texte in der einen Spalte und Abbildungen in der anderen Spalte nebeneinander angeordnet erscheinen sollen, kann der Text mit veränderter Textmenge nach der Übersetzung hin- und herspringen.

 

  • Oft werden diese Abschnitte durch mehrere leere Absätze in der Spalte positioniert. Es ist jedoch ausreichend, jeweils nur einen einzigen leeren Absatz einzusetzen. Dieser wird spaltenübergreifend und mit einer kleinen Schriftgröße formatiert. Dadurch werden die Absätze mit dem Text und dem Bildanker gezwungen, den Raum in den zwei Spalten über diesem spaltenübergreifenden Absatz auszufüllen – s. Abbildung 2.

 

  • Tabulatoren reichen bei der Übersetzung häufig nicht aus, um den gewünschten Textverlauf zu bewahren. Besonders dann, wenn Texte übereinander liegender Zeilen inhaltlich eine Einheit bilden, ist diese Gestaltungsform unzulässig. Der Text erscheint im Übersetzungsprozess getrennt. Eine Tabelle eignet sich dafür besser. Die Tabelle kann so formatiert werden, dass sie sich ohne Rahmen und ohne linken und rechten Zellenrand (diese Werte im Tabellenformat auf 0 setzen) optisch ganz in den Textfluss der Absätze einfügt. So ist garantiert, dass der Text einer Zelle zusammenhängend im TMS landet und außerdem nach der Übersetzung der Textfluss die gewünschte vertikale Trennung zeigt.

 

Abb. 2: Spalten und Textfluss

Terminologiearbeit

Ein gut funktionierender Übersetzungsprozess und ein dafür optimierter Dokumentaufbau gewährleisten, dass der Text problemlos übertragen werden kann. Existiert zudem der Wunsch, unabhängig von Fachwissen und Erfahrung des Redakteurs oder Übersetzers bestimmte Begriffe immer mit dem gleichen Term zu übersetzen, geht es auch um Terminologiearbeit. Deren Ziel ist es, in allen Sprachen dokumentenübergreifend immer die gleichen Begriffe für bestimmte Bauteile, Anzeigen, Displaytexte oder Funktionen zu verwenden. So soll zum Beispiel ein Bauteil anleitungsübergreifend mit dem gleichen Namen benannt werden. Folgende Vorgehensweisen können hierbei helfen:

 

  • Der Übersetzer erhält eine Terminologieliste mit den vorgeschriebenen Übersetzungen, so dass er die Begriffe wie erwartet benutzt.

 

  • Zusätzlich können die betreffenden Terme in einem FrameMaker-Dokument gekennzeichnet werden. Zur Kennzeichnung von Begriffen, die als Terme in der Terminologieliste vorkommen, eignet sich ein Zeichenformat. Sollen zum Beispiel Displaytexte und Bauteilbezeichnungen unterschieden werden, werden zwei verschiedene Zeichenformate angelegt. Die Zeichenformate werden so formatiert, dass sie alle Einstellungen des Absatzes übernehmen. So bleibt der Text flexibel formatierbar. Mit Hilfe des Zeichenformats werden nun die Begriffe gekennzeichnet. Diese Kennzeichnungen sind später im MIF-Format erkennbar. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, mit der Suchfunktion von FrameMaker schnell alle Begriffe im Dokument zu finden, die mit diesen Zeichenformaten ausgezeichnet sind. Mit dieser Methode kann auch aus der bestehenden Dokumentation eine erste Terminologieliste erarbeitet werden.

 

  • Weiterhin existiert die Möglichkeit, Variablen als Träger für Terme einzusetzen. Besonders für Displaytexte oder Menüfunktionen bietet es sich an, anstelle der Texte Variablen zu verwenden. Mit dem Einfügen einer Variable ist sichergestellt, dass jedes Vorkommen dieser Variable immer den aktuellen Inhalt der Variable anzeigt. Wird zum Beispiel eine Produktbezeichnung noch kurz vor Auslieferung geändert, muss nur einmal die Variablendefinition verändert werden und sofort ist die Bezeichnung auch an anderen Stellen aktualisiert.

 

  • Um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen zu erleichtern, bewährt es sich, die Displaytexte mit allen dazu gehörenden Übersetzungen in einer Tabelle zu pflegen. Von dort aus können sie in die Variablendefinitionen eines FrameMaker-Dokuments und über den Formatimport in alle Kapitel eines Buchs übertragen werden.

 

Unterstützung beim Importieren von Variablendefinitionen aus einer Excel-Tabelle bietet das FrameScript „Variablendefinitionen übertragen (XLS)“ aus dem kostenpflichtigen [i]-frame-Extended Pack, mit dem direkt aus der Excel-Datei die Variablenbezeichnung und der Variableninhalt eingelesen werden kann [1]. Es müssen bei der Nutzung des Scripts vorher also keine Variablendefinionen im Dokument angelegt werden. Das [i]-frame-Extended-Pack besitzt auch Scripte zur Analyse der enthaltenen Variablen (Report: Variablendefinitionen) sowie zum gezielten Übertragen von Variablendefinitionen in andere Dokumente eines Buchs.

Fazit

Mit den beschriebenen Gesichtspunkten wurde gewiss nicht alles angesprochen, was an praktischen Möglichkeiten zur Verfügung steht, um Dokumente für die Übersetzung zu optimieren. Eine weitere denkbare Forderung lautet, alle Texte, die wiederholt vorkommen, so einzubinden, dass sie nicht mehr im zu übersetzenden Textfluss stehen. Zum Beispiel können Signalworte aus Sicherheitshinweisen in Absatzformaten entweder als Nummerierungszeichenfolge oder mithilfe von Rahmen der Referenzseite zugeordnet werden. Wie diese Gestaltung funktioniert und welche Grenzen sie hat, behandelt der nächste Praxistipp.

[1] www.i-frame.itl.info

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