Fachzeitschrift 'technische kommunikation' 2/2011
Rubrik: Praxistipps FrameMaker

Version 10 - neu und etwas erwachsener

Ute Mitschke

Seit Mitte Januar ist Version 10 von Adobe FrameMaker auf dem Markt. Viele Technische Redakteure nutzen das Programm, um umfangreiche Dokumente zu strukturieren. Softwarehersteller Adobe bezeichnet die neue Version als „schablonengestützte Lösung für das Erstellen und Publizieren von strukturierten und unstrukturierten Inhalten“ – was das auch genau heißen mag. Wir haben uns die neue Version einmal genauer angesehen.

Neues im Menü „Datei“

Wie seit Version 7 wird beim ersten Start zuerst nach der bevorzugten Programmoberfläche gefragt – strukturiert oder unstrukturiert. Auf den ersten Blick sieht die Oberfläche gegenüber der Vorversion zunächst unverändert aus. Doch bereits das Öffnen des Dateimenüs zeigt Neuerungen.

Im Menü „Datei > Voreinstellungen“ sind Einstellmöglichkeiten dazugekommen, die besonders beim Öffnen von mehreren Dokumenten sehr hilfreich sind. Hinter dem Menüpunkt „Hinweisstrings …“ verbirgt sich ein Dialogfeld, mit dem die oft lästigen Meldungen beim Öffnen von Dateien konfiguriert werden können. Es kann gewählt werden, ob folgende Meldungen angezeigt werden sollen oder nicht – Abbildung 1:

 

  • Öffnen eines Dokuments einer älteren FM-Version,
  • Öffnen eines Dokuments mit ungelösten Querverweisen,
  • Öffnen eines Dokuments mit fehlenden Schriften.

 

Abb. 1: In diesem Menü kann der Anwender Meldungen konfigurieren.

Unter den Dienstprogrammen (Menü „Datei > Dienstprogramme“) befindet sich seit der Vorgängerversion die Zeichenpalette, in der Unicode-konforme Zeichen aller installierten Fonts ausgewählt werden können. Darin werden alle Zeichen entsprechend ihrem Aussehen dargestellt, und ein Fadenkreuz hilft, das gewählte Zeichen auf dem schwarzen Untergrund hervorzuheben.

Ganz neu und lange gewünscht ist der Menüpunkt „Skript“ mit den Unterpunkten „Ausführen“, „Neues Skript …“, „Katalog“ und „Verlauf“. Die Online-Hilfe sagt dazu: „Es gibt zwei Möglichkeiten zur Ausführung von Skripten: direkt über das Menü Skript von FrameMaker aus und mithilfe des ExtendScript Toolkit (ESTK).“ Die Skriptsprache ist JavaScript und hat eine vergleichbare Funktion wie die VBA-Makros in Microsoft Office-Programmen. Es ist möglich, ein Skript direkt in der sich öffnenden Skriptkonsole einzugeben – Abbildung 2. Das bewährte Framescript-Plug-in wurde von Frank Elmore für FrameMaker 10 bereits angekündigt und kann zusätzlich genutzt werden.

Abb. 2: In Version 10 ist es möglich, dass der Anwender Skripte direkt eingibt.

Neues in der Formatierung

Seit FrameMaker 9 hat Adobe ein Konzept zum Konfigurieren der Benutzeroberfläche implementiert, das sich im alltäglichen Gebrauch als sehr hilfreich erwiesen hat: Der Anwender kann zum Beispiel Formatkataloge und Symbolleisten an den Rändern andocken und deren Anordnung und Darstellung wunschgemäß einrichten. Anschließend lässt sich genau diese Oberflächeneinrichtung abspeichern.

In diesem Benutzerkonzept gibt es nun eine wichtige Veränderung: Der Aufbau des Menüs „Tabelle“ wurde grundlegend verändert. Die Funktionen zum Bearbeiten von Tabellen (Tabelle einfügen, Reihen/Spalten einfügen, Zellen verbinden, Text in Tabelle/Tabelle in Text konvertieren) wurden durch ein Untermenü „Format“ ergänzt. In diesem Untermenü befindet sich analog zu den Absatzformat- und Zeichenformatkatalogen nun ein Tabellenformatkatalog. Neu in allen Formatkatalogen ist auch die Möglichkeit, die Anzeige der Formate zu konfigurieren: So kann zwischen der Anzeige aller genutzten oder aller ungenutzten Formate gewählt werden. Außerdem lässt sich eine Liste mit ausgewählten Formaten anzeigen.

Lange wurde von Anwendern die Möglichkeit gefordert, Text mit einer Farbe hinterlegen zu können. Das ist nun als eine Eigenschaft für die Zeichenformatierung aufgenommen worden, und zwar in der Absatzformat- und in der Zeichenformatgestaltung. Allerdings bedeutet die Umsetzung wörtlich genommen „Hintergrundfarbe für Text“, denn es werden nur die Textzeichen farbig hinterlegt. Wer hofft, dass damit eine spaltenübergreifende Färbung hinter einem ganzen Absatz möglich wäre, wird enttäuscht.

Neues bei der Textbearbeitung

Gibt der Anwender in das erste neue Dokument ein wenig Text ein, zeigt sich gleich die nächste Veränderung: eine automatische Rechtschreibprüfung. Fehlerhafte oder nicht erkannte Worte werden mit einer roten Wellenlinie gekennzeichnet. Auch das dazu passende Kontextmenü zum Korrigieren anhand einiger Vorschläge oder zum Aufnehmen des Begriffes in das Wörterbuch wurde ergänzt. Neu ist außerdem die Möglichkeit, Textflussinhalte per Drag&Drop im Dokument zu verschieben.

Neues für das strukturierte Arbeiten

In der geänderten Oberfläche von Version 9 wurde bereits die Quickaccess-Leiste durch differenziert einblendbare Symbolleisten ersetzt. In Version 10 ist zusätzlich eine Symbolleiste speziell für das Arbeiten in strukturierten Dokumenten hinzugekommen. Weiterhin zeigt ein verändertes Menü „Element“, dass Adobe die Stärken von FrameMaker als Strukturierungswerkzeug noch besser unterstützt. Neben einem eigenen Menü für den S1000D-Support, hinter dem auch eine eigene Applikation steckt, ist die volle Unterstützung von DITA Version 1.2 vorhanden.

Wer diese Strukturdefinitionen nicht einsetzt, wird dennoch Neuerungen für das Bearbeiten von Elementen finden. Bisher konnten so genannte Kind-Elemente nur in der Strukturansicht ausgeblendet werden, um in den verschiedenen Teilstrukturen besser navigieren zu können. Nun gibt es die Möglichkeit, die Kind-Elemente auch auf der Seite im Textfluss mit eingeblendeten Elementtags auszublenden – Abbildung 3.

Abb. 3: Mit Hilfe des Strukturwerkzeugs kann der Anwender Strukturelemente im Textfluss ein- und ausblenden.

Als außerordentlich praktisch erweist sich auch das neue Dialogfeld zum Setzen von Attributwerten. Es bietet die Möglichkeit, für ein entsprechendes Element alle Attribute und deren Werte in einer Liste anzuzeigen, neu zuzuweisen und zu verändern.

Um eine strukturierte Applikation zu erstellen, wurde im Menü „Strukturierungswerkzeuge > Gestaltung strukturierter Anwendungen“ ein Dialogfeld integriert, das beim Zusammenstellen aller in einer Applikation benötigten Dateien unterstützt. Das kann jedoch auch wie bisher direkt in der Anwendungsdefinitionsdatei „structapps.fm“ erfolgen.

Neu ist ebenfalls, die Read-Write-Rules dialoggestützt zu erstellen. Diese Regeln werden für den Import und Export von XML-/SGML-Dateien benötigt. Sie sind dafür zuständig, die einfachen Elemente den verschiedenen Objekttypen von FrameMaker-Dokumenten oder auch -Büchern zuzuweisen. Dabei werden beispielsweise XML-Elemente mit der Bezeichnung <Indexmarke> in eine FrameMaker-Indexmarke umgewandelt, entsprechend aus dem Textfluss ausgeblendet und dem Markeninhalt zugeordnet.

Cross-Media-Dokumente

Auf dem Weg zum Hybrid-Dokument wird der Import von Filmsequenzen umfangreicher unterstützt. Die Liste der importierbaren Videoformate wurde um Flash erweitert. Zusätzlich kann für die Druckausgabe jeweils ein spezielles „Standbild“ angegeben werden. Die Möglichkeiten zum Importieren von CAD-Daten und 3D-Grafiken wurden erweitert und die Zusammenarbeit mit Adobe Photoshop ausgebaut.

FrameMaker 10 und TCS 3

Version 10 ist auch Bestandteil des neuen Programmpakets Adobe Technical Communication Suite 3. Neben den Produkten Acrobat, RoboHelp, Captivate und Photoshop wird mit dem Paket die Anwendung Bridge installiert, womit sich die Arbeit mit Grafiken und anderen referenzierten Dateien erleichtern lässt. Mithilfe von Bridge kann der Anwender Dateien mit verschiedenen Metadaten und Schlagworten kennzeichnen. Das ist besonders hilfreich, um verzeichnisübergreifend Dateien nebeneinander anzeigen, auswählen und bearbeiten zu können. Einziger Wermutstropfen: Auch in Version 10 existiert noch keine Möglichkeit, um in der Anwendung Bridge FrameMaker-Dateien Schlagworte und Metadaten zuzuweisen. Diese Funktion würde die Verwaltung von vielen Dokumenten und auch Texteinschüben sehr erleichtern.

Fazit

Auch in der neuesten Version ist FrameMaker nicht für spontan-kreative Einmal-Dokumente gedacht. Die Möglichkeit, mit Hilfe von Formaten den Textfluss von Dokumenten inhaltlich zu strukturieren, wird durch die konfigurierbare Formatkatalognutzung verbessert.

Wird FrameMaker 10 als formatierender XML-Editor eingesetzt, ist die Benutzerfreundlichkeit sehr gut, in kurzer Zeit erlernbar und hat mit den neuen Funktionen an Benutzerfreundlichkeit dazugewonnen.

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